‚Coming out to the mainstream‘ – Queere Tendenzen im lateinamerikanischen Gegenwartskino.
Das Projekt untersucht den quantitativen und qualitativen Wandel, den die Darstellung queerer Identitäten und Praktiken seit der Jahrtausendwende im lateinamerikanischen Kino erfahren hat. In der Tat lässt sich beobachten, dass in diesem Zeitraum queere Kultur- und Lebensformen nicht nur häufiger als früher aufgegriffen und zunehmend in intersektionale Zusammenhänge gerückt werden, sondern auch in einer veränderten, differenzierteren und entstigmatisierenden Sicht erscheinen. Die sich mit dieser Entwicklung stellenden Probleme und Fragen sollen aus einer Medien- und Kulturwissenschaft verbindenden Perspektive erörtert werden, wobei der Fokus auf Spielfilmproduktionen aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern liegen soll, die auch international auf Resonanz stießen. Da das Verhältnis zwischen den traditionell heteronormativen Vorstellungswelten des Mainstreamkinos und den Besonderheiten minoritärer Geschlechtsidentitäten, die sich den hegemonialen Konzepten von Männlichkeit und Weiblichkeit entziehen, zwangsläufig gespannt ist, stellt sich vor allem die Frage nach den in diesem Fall auftretenden Verhandlungsprozessen. Dabei sind neben der filmästhetischen Dimension (Figuren, Plotmuster, Blickregime etc.) auch kontextuelle Faktoren wie die Verschränkung von lokalen (regionalen, nationalen) und globalen Einflüssen, die gesellschaftliche Funktion queerer Elemente im Spielfilm sowie deren diskursive Rahmung und zum Teil kontroverse Bewertung zu berücksichtigen. In der Zusammenschau dieser vier Aspekte liefert das Projekt einen grundsätzlichen Einblick in die Konstitutionsmechanismen des Mainstreamkinos und zugleich einen Beitrag zu der aktuell stark diskutierten Beziehung von Minderheits- und Mehrheitskulturen allgemein.
Dieses Projekt wird von Christian von Tschilschke durchgeführt.